Die Bewertung des Wohlstands eines Landes und die Lebensqualität seiner Bevölkerung wurde lange Zeit allein anhand objektiver Indikatoren wie Bildung, Erwerbstätigkeit, Einkommen oder Vermögen gemessen. Um jedoch ein ganzheitliches Bild der Lebensqualität der Menschen zu erhalten, sprechen sich zunehmend sowohl politische als auch intermediäre Organisationen dafür aus, auch Aspekte des subjektiven Wohlbefindens („subjective well-being“) zu berücksichtigen.
Für die Frage, durch welche Faktoren die Lebenszufriedenheit beeinflusst wird und durch welche Maßnahmen sie im Zweifelsfall verbessert werden kann, lohnt sich ein Blick auf etwaige Bestimmungsgründe. Während bei der Analyse der Determinanten des subjektiven Wohlbefindens der Schwerpunkt in der Regel auf der aktuellen sozioökonomischen Position des Einzelnen (z. B. Bildung, Beruf, Einkommen, Vermögen) liegt, betonen andere Forschungsarbeiten vergangene oder aktuelle soziale und kulturelle Faktoren (z. B. Kindheit, Beziehungen, Nachbarschaft, Diskriminierung, Normen).
Eine weniger beachtete Determinante des subjektiven Wohlbefindens sind die gesamten Lebensverläufe und hierbei insbesondere die (Nicht-)Erwerbsbiografien. Dies überrascht umso mehr, als dass Menschen in der gleichen sozialen Position eine unterschiedliche Anzahl, Länge und zeitliche Abfolge von Erwerbsepisoden (z. B. Vollzeit-/Teilzeitarbeit, Hausarbeit, Arbeitslosigkeit) erlebt haben können. Dies wirkt sich insbesondere in Bismarck'schen Wohlfahrtsstaaten wie Deutschland in hohem Maße auf die Ausgestaltung und die Höhe der Alterssicherung aus, da diese an die (sozialversicherungspflichtigen) Erwerbsbiografien gekoppelt sind. Der Blick auf die sozialpolitischen Reformen der letzten Jahrzehnte zeigt zudem, dass infolge demografischer Prozesse wie dem Geburtenrückgang sowie Verbesserungen in der Lebenserwartung insbesondere Maßnahmen zur Verlängerung des Arbeitslebens eingeführt und die Rolle der betrieblichen und privaten Zusatzvorsorge verstärkt wurden. Gleichzeitig fragmentieren sich jedoch die Lebensläufe aufgrund von diversifizierter und diskontinuierlicher Beschäftigung, Familiendynamiken und Migration zunehmend. Diese Entwicklungen geben Anlass zur Sorge über die Angemessenheit der Renten sowie über sozioökonomische und geschlechtsspezifische Ungleichheiten bei den Alterseinkommen, und zwar nicht nur für die derzeitigen, sondern auch für die künftigen Rentnergenerationen. Es ist diesen Ausführungen folgend davon auszugehen, dass das subjektive Wohlbefinden und die Lebensqualität – vermittelt z. B. über die empfundene finanzielle Sicherheit – mit Determinanten wie den individuellen (Nicht-)Erwerbsbiografien und der damit eng verknüpften Altersvorsorge zusammenhängen.
Vor diesem Hintergrund wird auf Basis von verknüpften Befragungs- und administrativen Daten der Studie „Lebensverläufe und Altersvorsorge“ (LeA) für 40- bis 59-Jährige der bisher eher vernachlässigte Einfluss der eigenen Altersvorsorge auf die allgemeine Lebenszufriedenheit aufgegriffen. Hierzu wird das Zusammenspiel von (Nicht-)Erwerbsbiografien, Alterssicherung und subjektivem Wohlbefinden für verschiedene Bereiche (Gesundheit, Arbeit, Einkommen, Wohnen) analysiert. Um zu untersuchen, was die Zufriedenheit steigert oder senkt, berücksichtigen wir - neben umfassenden Informationen zum Lebensverlauf (sowohl in Form einzelner Erwerbs- und Nichterwerbszeiten als auch Typen von Biografien) - verschiedene Aspekte der Alterssicherung:
- die Beteiligung an den verschiedenen Systemen der Altersvorsorge (gesetzlich, betrieblich und privat) und
- die Höhe der angesammelten Alterssicherungsansprüche im In- und Ausland, aber auch die allgemeine Vermögensbildung oder die Erwartung einer Erbschaft.
Ergänzt werden diese Informationen um Indikatoren der sozioökonomischen Lage und weitere soziodemografische Variablen (z. B. Alter, Geschlecht, Partnerschaft, Elternschaft, Gesundheit, Wohnsituation, Region).
Die Ergebnisse zeigen, dass Erwerbszeiten und Anwartschaften auf spätere Alterseinkommen tendenziell in einem positiven Zusammenhang und Nichterwerbszeiten in einem negativen Zusammenhang mit der Lebenszufriedenheit stehen. Ausnahmen dabei sind zum einen Zeiten der geringfügigen Beschäftigung und zum anderen Zeiten der Aus- und Weiterbildung. Entsprechende Unterschiede zeigen sich auch für verschiedene Biografietypen. Besonders relevant sind Lebensverläufe und Altersvorsorge für die Zufriedenheit mit dem Einkommen und dem Lebensstandard insgesamt, am wenigsten für die Zufriedenheit mit der Arbeit.
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